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Persönlicher Kommentar

„Psychologie der Massen“

Eien Kommentar nicht zum TV-Duell Höcke gegen Voigt

Eigentlich sollte es in meinem aktuellen Kommentar um das TV-Duell Höcke gegen Voigt gehen. Eigentlich. Als Thüringerin sollte ich bestmöglich informiert sein, welche politischen Köpfe sich anschicken, meine Heimat für die nächsten 4 Jahre zu regieren. Überraschenderweise gab es wenig inhaltlich Verwertbares, was ich aus dem Rededuell mitnehmen könnte. Ich hatte vergeblich auf mehr inhaltliche Tiefe gehofft. Politische Konzepte? Fehlanzeige! Das was von Voigt und Höcke vor der Kamera gesagt wurde ist allgemein bekannt und es wurde im Prinzip auch schon alles darüber gesagt und geschrieben, was bedeutungsvoll wäre. Oder doch nicht?

Es fällt mir immer wieder auf, wie sehr sich der Wahlthüringer Höcke als „heimatliebender“ Thüringer inszeniert. Zugegeben: Thüringen ist der beste Teil Deutschlands, eben das „grüne Herz“. Das müssen sich Viele aus dem politischen Establishment der Großparteien auch gedacht haben, die sich seither hier tummeln und Thüringen dabei immer unregierbarer machen. Die aus Thüringen stammende Sahra Wagenknecht hingegen zog es weit weg, um ihren Namen in Talkshowsesseln und bei Pressekonferenzen groß herauszubringen. Die Anleitung dazu holte sie sich bei dem West-Linken Lafontaine.

An der Personalie Höcke scheiden sich inzwischen deutschlandweit die Geister. Die Mystifizierung dieses Mannes geht ins Groteske, dabei ist er konzeptionell blass wie kein anderer. Reden kann der Mann ja auch – wie viele andere große „Redner“ vor ihm mit nationalkonservativer bis hin zu rechtsextremer Gesinnung. Wenn man inhaltlich-konzeptionell nicht punkten kann, muss man das mit einer freien ausdrucksstarken Rede inklusive imposanten Gesten kompensieren. Gustave Le Bon hat das im ausgehenden 19. Jahrhundert in seinem Hauptwerk „Psychologie der Massen“ detailliert beschrieben (https://www.getabstract.com/de/zusammenfassung/psychologie-der-massen/5708). Aus sozialpsychologischer Sicht braucht ein politischer Führer, der Massen verführt, immer ein gewisses „Charisma“. Anhänger von Trump und Putin beispielsweise bezeichnen ihre politischen Idole als „charismatisch“.  Der Soziologe Max Weber spricht dabei von „charismatischer Herrschaft“, also einer interaktiven (sozialen) Beziehung zwischen einem Charismaträger und dem Charismagläubigen, hier benannt als „Herrscher“ und „Volk“.

Der ehemalige Lehrer Björn Höcke wendet in seiner Wahlheimat seit einiger Zeit offenbar recht erfolgreich die Methode des „Didaktischen Dreiecks“ bei den Thüringer Wählern an. Dieses didaktische Denkbild bezeichnet ein formales Denkmodell mit der Grundstruktur eines gleichseitigen Dreiecks, dessen Eckpunkte in einer vielfältigen wechselseitigen Abhängigkeit zueinander stehen. Dieses Beziehungsgefüge wird von den Grundkomponenten  „Schüler“, „Lehrer“ und „Stoff“ bestimmt. Im übertragenen, abstrahierten Sinn bilden diese drei Komponenten die Eckpunkte des Dreiecks. Keiner der drei Eckpunkte existiert isoliert, sondern ist  eingebettet in eine gemeinsame Außenwelt, das ein soziokulturelles Umfeld – die Gesellschaft – darstellt. Björn Höcke schickt sich seit einigen Jahren an, seine Berufung als „Oberlehrer“ nun erfolgreich in Thüringen durchzusetzen und den gesellschaftlichen „Bildungsauftrag“ a la AfD in die Gehirne junger und alter Menschen einzupflanzen. Eine „Volksmasse“ von etwa 30% der Thüringer macht bereitwillig mit.

Warum gerade hier? Ausgehend von dem wechselseitigen Beziehungsgeflecht der drei Grundkomponenten Schüler-Lehrer-Stoff kommt letzterem eine zentrale Bedeutung zu. Der Lerngegenstand „Stoff“ wird – in Abhängigkeit des soziokulturellen Umfelds – in Beziehung zu Lernenden (Schüler) und Lehrenden (Lehrer) gesetzt. Das soziokulturelle Umfeld unterscheidet sich deutschlandweit regional sehr stark. Auch unterliegen Lehrpläne an deutschen Schulen den jeweiligen Kultusministerien der Länder. Die kulturellen Ausprägungen und gesellschaftlichen Strukturen sind regional sehr verschieden. Deutschland ist ein Flickenteppich, was Kultur, Brauchtum, Geschichte, Vergesellschaftung angeht. Deutschland ist ein Land der Regionen.

Diese Tatsache macht sich Höcke – genau wie alle anderen machtinstinktiven „Charismatiker“ in ostdeutschen Ländern  - zunutze, um seine Ideologie von „Gesellschaft und Gemeinschaft“ in die Gehirne der folgsamen Massen einzupflanzen. Seine Methodik ist Populismus durch Generalisierung und Pauschalisierung, kurz: die Verbreitung von „Angst“. Will der politische Führer, dass die Massen ihm folgen, dürfen keine schwer erklärbaren Sachzusammenhänge hergestellt werden, sondern es müssen einfache Grundgefühle geweckt werden bei der Bevölkerung. Mit der „Emotionalisierung“ seiner „Schüler“ tritt der „Lehrer“ in eine besondere interdependente Beziehung, die den Lernstoff über die Emotion „Angst“ erfahrbar macht. Für die AfD sind die unkontrollierte Zuwanderung und die neuesten Kalifat-Demonstrationen radikaler Islamisten daher ein gefundenes Fressen, um ihren Machtanspruch nachträglich zu untermauern. „Der“ Osten als „soziokulturelles Umfeld“ ist prädestiniert für die Höcke´sche Lernmethode der Interdependenzen zwischen Subjekt (Höcke), Objekt (Wähler) und Rahmen (Ostdeutschland).

Genau hierin liegt das gesamte komplexe Problem. Meiner Meinung nach wäre die im Osten sozialisierte Gesellschaft stark genug, sich gegen Verfassungsfeinde wie Islamisten und Institutionen des politischen Islam sowie organisierter Kriminalität zu wehren. Der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland bröckelt zusehends, in den östlichen Bundesländern ist das Gemeinschaftsgefühl historisch bedingt noch etwas stärker ausgeprägt als in den alten Bundesländern mit ihren gesellschaftlichen Individualisierungszwängen. Trifft ein Migrant auf eine Gesellschaft mit homogenerer Sozialstruktur und kulturellem Bewusstsein, dann folgt auch ein höherer Anpassungsdruck. Landet ein Migrant in einer individualisierten und kapitalorientierten „Spielwiese“, wo seit Jahrzehnten erfolgreich die rot-grüne „Minderheitenpolitik“ den Ton angibt, dann ist auch für die Entwicklung des europäisch-demokratischen „Wertebildes“ kein Rahmen mehr gesetzt.

Die AfD ist kein Problemverursacher. Die AfD ist der Brandbeschleuniger. Die Ursache der allgegenwärtigen gesellschaftlichen Probleme sehe ich in der absoluten politischen Inkompetenz der Ampel-geführten Ministerien, die einen Spaltkeil durch die gesamte deutsche Gesellschaft treiben, ohne Rücksicht auf gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Verluste. Die blinde Ideologie des „Wachstums um jeden Preis“ durch Masseneinwanderung, gepaart mit einer verheerenden Identitäts- und Minderheitenpolitik und (bewusst?) falsch verstandener religiöser Toleranz führt zu einer innerdeutschen Zerreißprobe, die den gesamten Kontinent Europa ergreifen kann.

Die Gründe, warum ich mich seit 2021 in der ÖDP engagiere, haben 4 Namen: Faeser, Baerbock, Strack-Zimmermann und Lauterbach. Als Kultur- und Sozialwissenschaftlerin gehe ich von einer anthropologischen Betrachtungsweise der Dinge aus und daher sind mir im politischen Kontext ökologische Themen mindestens genauso wichtig. Ohne die Ökologie als Netzwerk des Lebens sind wir als Menschen nicht überlebensfähig. Wenn wir als Gesellschaft jedoch seit Jahren immer mehr der ideologischen rechts-links-Spaltung ausgesetzt werden, dann können wir die ökologische Krise nicht mehr gemeinsam bewältigen. Die politische Mitte hat diesen spalterischen Tendenzen offensichtlich nichts mehr entgegenzusetzen. Wir erleben die AfD als Symptom des Symptoms. Das Symptom „Massenmigration“ nach Deutschland ist in den meisten Fällen dem unverrückbaren „Wohlstandsversprechen“ geschuldet, wobei „Wohlstand“ nur materiell und quantitativ gemessen wird. Die Höcke-AfD setzt alle Mittel und Hebel in Bewegung, die Symptomatik zu bekämpfen und potenziert dadurch die gesellschaftliche Spaltung um ein weiteres Mal. Differenzierte Betrachtungsweisen hernach sind schier unmöglich in der öffentlichen Wahrnehmung.

Zurück zum Wahlthüringer Höcke: Was mich persönlich am wütendsten macht ist die Tatsache, dass Höcke nicht den Arsch in seiner Hose zu haben scheint, dort mit seiner didaktischen Methode zu beginnen, wo das Problem offenbar am gravierendsten ist: in Hamburg, in Berlin, im Ruhr- und Rhein-Main-Gebiet. Dort sollte er sich eigentlich bestens auskennen. Dort werden – nach gleichem Prinzip wie politische „Charismatiker“ im Osten des Landes mit den Bürgern verfahren – schon seit Jahren Kinder und Jugendliche systematisch über organisierte Netzwerkstrukturen und Internet – dem Wertedogma eines politischen Islams zugeführt, der nun in dem Kriegsgeschehen in Nahost seine Katharsis erfährt. Das alles ist nicht neu oder überraschend für diejenigen, die nicht wie Faeser durch Inkompetenz glänzen. Quotenregelung in der Politik ist demnach alles andere als ein gesellschaftlicher Fortschritt sondern mitunter ein innenpolitisches Risiko, wie wir in letzter Zeit immer wieder erleben müssen. Auch Höcke muss ein Risiko darin gesehen haben, seine Wertvorstellungen von einer homogenisierten „biodeutschen“ Volksgemeinschaft  erfolgreich in jenem soziokulturellen Umfeld zu etablieren, wo er selbst sozialisiert wurde. Als Machtmensch sucht er sich den fruchtbarsten Boden im gesellschaftlich homogeneren Osten der Republik. Von Thüringen aus verbreitet er Hass und Hetze, obwohl der demokratische Werteverfall im Größenformat doch außerhalb Thüringens bei Kalifat-Demos stattfindet. Erschwerend kommt hinzu, dass die Methode Höcke auch weitere undemokratische Netzwerke befördert, die mittlerweile thüringenweit die Szene unterwandern, wie beispielsweise die Reichsbürger-Bewegung. Diese extrem rechten Entwicklungen in der Öffentlichkeit und im Untergrund rufen wiederum die extreme antifaschistische Linke auf den Plan.

Höcke erweist den Thüringern einen Bärendienst, wenn er sich als „Retter“ der Nation inszeniert. Die tatsächlichen Probleme, die durch ungezügelte Migration ohne die notwendige und weitreichende Integrationskraft existieren, werden von ihm oder Sahra Wagenknecht nicht adressiert. Auch Wagenknecht wird von ihren Anhängern als „charismatisch“ beschrieben. Bei ihr reichen „Charisma“ und ihr Gesicht in Talkshow-Dauerschleife offenbar aus, um aus dem Stand 15% bei Umfragen zu erreichen. Das BSW braucht noch nicht einmal ein Parteiprogramm dafür. Das wird in Thüringen aktuell von Unterstützern und Sympathisanten online erstellt. Jeder darf irgendwas fordern, egal was konzeptionell am Ende dabei rauskommt. Basisdemokratie auf „thüringisch“ bei BSW. Auch Sahra Wagenknecht wird klug genug gewesen sein, sich rechtzeitig „Psychologie der Massen“ durchgelesen zu haben.

Fazit: Die ökologische Krise kann nur dann gemeinsam und gesamtgesellschaftlich offensiv angegangen werden, wenn der ideologische Spaltkeil überwunden und der Rechtsstaat mit aller Härte und Konsequenz gegen Feinde des europäischen Werte- und Menschenbildes vorgeht, denn der politische Islam gehört genauso wenig zu Europa wie die AfD. Schützen wir unsere europäischen Werte konsequent vor Dogmatikern und Fanatikern, dann schützen wir uns damit auch ein Stück weit vor den politischen Extremisten am rechten und linken Rand der Gesellschaft!

 

Autor/in:
Karolin Zinkeisen
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